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Silikat? Fragen jetzt die Frischlinge, die auch kein Wählscheibentelephon mit 2 Meter Schnur kennen. Was'n datt?
Ja-ha, damit mußten wir früher wickeln!
Und schon ziehen die Grünschnäbel die Augenbrauen hoch: "Paß upp, gleich erzählt er wieder vom Kriech …"

Silikat-Kocher:

Als dieser Tage das Nachschubpäckchen Japanwatte bei mir eintrudelte, kam ich ans Sinnieren über unser Gewese um die richtige Watte. Da kann man sich schon mal in die Wolle, ähm Watte kriegen, Glaubenskriege sind nix dagegen.
Bio-Cotton-Bacon (linksdrehender Woll-Schinken?) oder eine Version der Freakigen, von DM oder von Roßmann, Viskose oder frisch vom Feld, muß die Deckschicht ab …?

Watte ist billig, da müssen die Promoter schon kräftig auf die Kacke, öhm Watte hauen, um Spezialpreise für Spezialisten aufzurufen:
Saugt wie Sau, hält (fast) nen Dryburn aus, fällt niemals nich zusammen, hohe Transportleistung durch Spezialkämmung, extra lange Fasern - alle parallel, reißfest wie ein Tau - dabei einfach zu verarbeiten wie 'ne Windel, mit 7-Jahre-Antikokelgarantie, 12 Jahre in Heisenberg gereift, mottenfrei und staubtrocken, gebügelt und gepreßt, fluffig wie ein Staubwollbällchen, von chinesischen Kleinspinnen handversponnen, ein Schnäppchen für diese Leistung! Muß man einfach haben, nix anderes!
Muji der Auferstandene mit seinem Propheten Fiber gegen den Sektierer Fuzed und seine Viskosierten … Eine Glaubensfrage.

Dabei waren wir früher nicht anders, zu Beginn meiner Dampferzeit, als wir noch mit Silikat wickelten.
Silikat? Fragen jetzt die Frischlinge, die auch kein Wählscheibentelephon mit 2 Meter Schnur kennen. Was'n datt?
Ja-ha, damit mußten wir früher wickeln!
Und schon ziehen die Grünschnäbel die Augenbrauen hoch: "Paß upp, gleich erzählt er wieder vom Kriech …"

Auch damals hatten wir viele Glaubensrichtungen, allesamt verfeindet.
Glasfaser oder Silikat, Bengs oder Orthmann, von Electra Pipes (intaste) oder vom Bulli-Smoker …?

Unsere "Schnüre" waren seinerzeit gerne mal "geschlichtet", da sie eigentlich zum Nähen feuerfester Kleidung gedacht waren. Dieses Schlichten konnte ganz schön auf den Geschmack gehen.
Wenn man Glück hatte, nur ein paar Züge lang. Hatte man Pech (die falsche Schnur), mußte man schon einige Tanks mit Ekelgeschmack durchhalten, bis der Liquidgeschmack durchkam.
Und wichtig: bei jedem frischen Wickel erst mal nen ordentlichen Dryburn aufs Trapez legen, Fremdgeschmäcker und Chemie verbrennen! Bei Bengs- und Orthmann-Schnur ging das in die Hose, die verbrannten beim Burn.

Die Lösung: wir Altdampfer standen regelmäßig am Kochtopf. Nicht, weil wir so verfressen waren - es gab ja nix. Oder weil wir so auf Nudelsüppchen standen.
Neiiiin! Schnüre auskochen, in Wasser oder Alkohol. Und anschließend die Schnur an die laaaaange Wäscheleine zum Trocknen.



Auch damals waren die Werbestrategen schon gut zu Gange:
kapilliert lockert 2 Meter hoch und garantiert siff-frei, verbrennt selbst im Hochofen nicht, zwiefach verflochten und entkernt, mit Seele aus Supersauger …

Nach dem Kochen und Trocknen setzte sich der Glaubenskrieg fort. Die Vorläufer der Scottich-Roll-Fraktion waren auch seinerzeit schon aktiv und bestanden darauf, die Schnur vor dem Wickeln zu bröseln und dann wieder zusammen zu legen: da ist vieeeeel besser, macht das genau so - und nicht anders!
Und immer die "Wickelhilfe" (stinknormale Nadel) dabei, um die Schnur beim Wickeln nicht abzuquetschen.

Schlußendlich die Kunst der vollkommenen Verlegung. Wie ruht die Schnur in der Kammer?
U- oder S-förmig oder gar als Schlaufe? Hatte man sich vorher nicht in die Wolle gekriegt - spätestens jetzt …
Noch heute nutze ich die Schnur bei meinen ollen Griechen und dem Bulli, sonst nich!



Dampfen, speziell das Selberwickeln, war noch niemals einfach: schon immer brauchten wir ein geschultes Ohr, um falsche Propheten und Prediger geflissentlich zu überhören, die Ohren auf Durchzug und das Portemonnaie auf dicht zu schalten. Dann ging's …
Oder, so wie ich, auf alles zu hören, alles zu kaufen, alles zu probieren und auszutesten…

Da wundert es nicht, daß das Dampfen ins Geld ging und zum Hobby wurde. Erst langsam komme ich von diesem Pferd wieder runter.