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Mariolas Traum

Mariolas Traum

06.11.2017 07:14

Eine Kurzgeschichte
von @Wobilli

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Mariola bückte sich, um sich die Schuhe zuzubinden. Es waren ein paar abgetretene, blaue Adidas, die schon bessere Tage gesehen hatten. Die braunen Schnürsenkel wollten eigentlich nicht recht dazu passen. Im nächsten Monat würde sie wohl ein paar neue Schuhe brauchen.

Mit ihren schlanken, gepflegten Händen schnürte sie fix eine Schleife für den rechten Schuh. Als sie den linken zubinden wollte, gab es einen hörbaren Knacks in ihrer Hosentasche. Oh, shit, nicht auch das noch. Sie richtete sich auf und fingerte nervös in ihrer Hosentasche herum. Das hatte sie befürchtet. Ihre geliebte Mini Vivi war vom Akku abgebrochen. Einfach abgebrochen. Und das gerade jetzt. Samstag Nachmittag. Na, die Fete war gelaufen. Eigentlich hatte sie jetzt gar keine Lust mehr, überhaupt noch hinzugehen.

Sie sah in den Spiegel. Wofür habe ich mich jetzt überhaupt zurechtgemacht? Sie strich sich eine Strähne ihres mit Henna rötlich gefärbten Haares aus dem Gesicht. Ihre perlmutt angemalten Lippen zogen einen Flunsch.

Mit ihren 1,63 war sie nicht besonders groß, aber ihre Figur ließ es an nichts zu wünschen übrig. Na gut, sie würde doch hingehen. vielleicht traf sie ja dort Sam und der würde ihr bestimmt weiter helfen können. Aber ihr Lieblingsliquid musste sie mitnehmen. Sie zog sich gerade die Jacke an, als ihr Handy ungeduldig zu klingeln begann.
Ungeachtet dessen, machte sie die Knöpfe ihrer blauen Jeansjacke zu und sah noch einmal in den Spiegel. Etwas selbstverliebt strich sie sich mit dem Mittelfinger der rechten Hand über den Wangenknochen. Dann nahm sie einen Konturstift von der Ablage und zog sich ruhig die Lippen etwas nach. Das Handy dudelte derweil unerbittlich die Melodie Angie von den Stones weiter.

Schließlich nahm sie das Xperia X10 in die Hand und schaute auf das Display. CORDULA. Was wollte denn Cordula um diese Zeit von ihr? Sie war doch in Warschau und eigentlich hatten sie ausgemacht, dass das Wochenende ihr gehören sollte.

Cordula war ihre Chefin, aber seit der letzten Betriebsfeier waren sie zum Du übergegangen, wenngleich private Kontakte auch danach ausblieben. Sie waren sich gegenseitig sympathisch, aber sie hielten beide nicht viel davon, das dienstliche mit dem Privaten zu vermischen.

Cordula war eine blonde, hochgewachsene Mitvierzigerin, die aber durchaus für achtunddreißig durchgegangen wäre und sie hatte irgendwie das gewisse Etwas, das es den Männern schwermachte, den Blick von ihr zu lösen.Seit neuestem besaß sie einen Itaste 134, der eigentlich so gar nicht zu ihrer Erscheinung passen wollte.

Mariola fand ohnehin, das das Ding aussah, wie ein Vamo im Gefängnis. Aber der Tatsache, dass Cordula auch dampfte, war es zu verdanken, dass in ihrer Abteilung das Dampfen, im Gegensatz zum Rauchen, erlaubt war.

Etwas verwirrt nahm sie das Gespräch an. "Cordula?". "Mariola? Du muss mir unbedingt helfen".

"Warum? was ist denn los? Ich dachte du bist in Warschau?". "Bin ich ja, aber gerade deswegen. Montag ist die Besprechung und ich habe gerade eben mit Entsetzen festgestellt, dass mir ein wichtiger Teil meiner Unterlagen fehlt, die ich am Montag brauche." "Und was nun?" fragte Mariola zögerlich.

"Sei doch bitte so lieb und fahr noch einmal in die Firma. Die Unterlagen befinden sich in der untersten Schublade auf der rechten Seite meines Schreibtisches. Und den Schlüssel findest du im Schlüsselkasten. Der Code ist 6435. Aber das bleibt unter uns. Ich ändere ihn, wenn ich zurück bin. Du kannst die Unterlagen einscannen und mir dann zumailen. Lass dir aber dabei nicht vom Wachdienst über die Schulter sehen."

"Ich wollte gerade zur Party von Pit." Pit, das war etwas mehr als eine Bekanntschaft. Pit war ein schlaksiger, braun gelockter junger Mann von achtundzwanzig Jahren, der meistens vor dem Computer saß. Auch die silberne runde Brille passte in das Klischee seines Erscheinungsbildes. Mariola verband mit Pit eine innige Freundschaft, auch wenn sie nie intim geworden waren. Vielleicht gerade deshalb. Sie hatte ihn vor Jahren im Kino kennen gelernt. Aber das war eine andere Geschichte.

"Wer ist Pit?, Mariola - bitte, bitte" säuselte es vom anderen Ende der Leitung.

"Aber der Sicherheitsdienst - Heute ist Samstag. Was soll ich denen denn erzählen?" "Sag ihnen einfach das, was ich dir gesagt habe. Und zur Sicherheit können sie mich ja auch noch anrufen."

"Na gut, für dich tue ich es, auch wenn mir gerade meine Vivi vom Akku abgebrochen ist. Irgendwo habe ich noch einen alten Akku und einen Ego C Verdampfer herumliegen.
Dann muss ich halt damit über das Wochenende kommen. Vielleicht dauert es ja auch nicht so lange".

Hierin sollte sich Mariola aber gründlich irren.

***
Die Firma, das war ein recht lang gestrecktes Flachdachgebäude im Gewerbepark Eichholz zwischen der A25 und der A250. Über die B404 konnte man ihn gut erreichen, wenn nicht gerade wieder eine Baustelle auf dem Weg dorthin lag.

Mariola suchte in der Schublade im Schlafzimmer ihres Nachtschränkchens nach dem alten Akku und dem Ego C Verdampfer. Es war sogar ein LCD Akku. Noch besser.
Im Verdampfer, war sogar noch etwas Liquid drin. Sie schraubte den Verdampfer auf den Akku und klickte 5 mal auf den blauen Akkuknopf.

Der Akku war noch halb voll, wie sie an der LCD Anzeige ablesen konnte. Gierig nahm sie einen Zug. Mmh.. Pfirsich. Nicht gerade ihr bevorzugtes Liquid, aber schmeckte nun soo schlecht auch nicht. Man darf doch nichts weggeben, dachte sie und war froh, das Teil nicht schon im Flo verhökert zu haben.

Sie stopfte ihr rettendes Ersatzteil in ihre Jeansjacke und machte sich auf den Weg zu ihrem Wagen. Es sollte besser heißen, fahrbarer Untersatz. Der rote Peugeot 301 schrie danach, wieder einmal gewaschen zu werden. Aber Mariola nahm es damit nicht so genau.

Vom Schiffbeker Weg aus war es etwa eine halbe Stunde Fahrzeit. Am Samstag war auch nicht so viel Verkehr, da die meisten Firmen schon im Wochenende waren. An der Schranke zog sie ihre Chipkarte durch. Die Schranke blieb jedoch geschlossen. Sie zog die Chipkarte erneut durch den Kartenleser. "Ja bitte", erklang eine belegte Männerstimme aus dem vor der Schranke angebrachten Lautsprecher.

"Mariola Rudnik, Frau Cordula Schmitt hat mich aus Warschau angerufen, weil sie in ihrem Büro Unterlagen vergessen hat, die ich ihr einscannen und per Mail zuschicken soll."

"Soll ich jemanden mitschicken, oder kommen Sie allein zurecht?", tönte die Stimme aus dem Lautsprecher. "Ich denke, das schaff ich schon", erwiderte Mariola. "Wie lange werden Sie brauchen?" "Ich weiß nicht genau, da ich den Umfang der Unterlagen nicht kenne". "Na denn, frohes Schaffen. Wenn Sie in einer Stunde noch nicht wieder da sind, schicke ich mal jemanden vorbei, um zu sehen, ob alles in Ordnung ist." Die Schranke hob sich mit einem leisen Summen.

Mariola fuhr geradeaus auf die Eingangstür zu und parkte den Wagen direkt vor dem Eingang. Eigentlich war das nicht erlaubt, aber jetzt am Wochenende war ohnehin niemand mehr in der Firma, der sich darüber beschweren könnte.

Nachdem sie auch am Eingang ihre Chipkarte durchgezogen hatte, musste sie noch ihre Hand auf den Handscanner legen. Mit einem monotonen "Geöffnet" aus dem Lautsprecher sprang die Tür mit einem sanften Klack auf.

Mariola schritt eiligen Schrittes durch den Flur. Die Flurbeleuchtung hatte sich bei ihrem Eintreten automatisch eingeschaltet. Als sie nach rechts in den Gang schwenkte, blieb dort jedoch die Beleuchtung aus. Verflixte Technik. Aber den Weg bis zur fünften Tür auf der rechten Seite fand sie auch im matten Dämmerlicht, welches die Hauptflurbeleuchtung bis hierhin verbreitete. Bloß gut, dass die Türen nicht auch noch mit Chipkartenleser ausgestattet waren. Hier reichte es einen nur ihr bekannten Code einzugeben. Die Sicherheitsmaßnahmen waren so ausgelegt, dass bestimmte Angestellte auch bestimmte Räume betreten durften. Und Cordulas Büro gehörte zu ihrem Zugangsbereich.

Als sie die Tür öffnete, bot sich ihr ein Bild des Grauens. Sie kam jedoch nicht dazu, sich damit näher zu befassen, da sie im gleichen Moment einen Schlag auf den Kopf bekam. Sie spürte einen stechenden Schmerz und dann wurde es Nacht um sie.


Warschau

Cordula Schmitt war im Sheraton Hotel in der Boleslawa Prusa abgestiegen. Die Maschine der polnischen Airline Lot war bereits am Vortag, einem Freitag, pünktlich gelandet und eine der zahlreichen Taxen hatte sie sicher ins Hotel gebracht. Da sie keine Lust hatte, noch ihren Koffer auszupacken, hatte sie anschließend noch einen Besuch das Cuba Libre gemacht, um sich ein wenig abzulenken. Das Cuba Libre war ein Salsa Club in der Straße Wrocławska 21.
Sie kannte das Cuba Libre bereits von einem ihrer vorherigen Besuche und mochte den Club, weil er stilecht eingerichtet war und man dort nette Menschen traf.




Inzwischen durfte man zwar auch hier nicht mehr dampfen, aber sie hatte ihren AGA-W schon vorher mit dem Itaste ordentlich befeuert. Einmal war sie sogar während des Fluges extra auf die Toilette gegangen, weil sie so einen Jap drauf hatte, ein paar Züge von ihrem angenehmen Zazo Zimt-Liquid zu nehmen. Es gab zwar viele, die auf den Kayfun schwörten, aber sie stand im Moment auf ihren AGA-W. Punkt.

Cordula hatte keine Probleme mit der polnischen Sprache. Ihre Großeltern stammten aus Oberschlesien und waren nach während der Kriegswirren irgendwie in Hamburg gelandet. Genaueres hatte sie darüber nie erfahren. Die ältere Generation sprach ungern über den Krieg. Aber zu Hause wurde eben, neben dem typischen schlesischen Dialekt, auch polnisch gesprochen.

Sie hatte lange geschlafen und das Frühstück, ja sogar das Mittagessen ausfallen lassen. Salsa war anstrengend. Jetzt hatte sie Hunger. Wo war denn ihre Dampfe? Ach ja, da lag sie ja. Sie nahm den Itaste von der dunkelbraunen Kommode und zog genüsslich an ihrem Zimt-Liquid. Lecker! Sie hatte vorher einige andere Liquide probiert und hatte auch davon ein ansehnliches Arsenal in ihrem Koffer, aber ihr Lieblingsliquid war nun mal Zimt.

Jetzt noch schnell unter die Dusche und ab ins Restaurant. Sogar an eine exklusive Seife hatten Sie hier gedacht. Ein Seifentörtchen Crazy White. Genüsslich seifte sie sich ein und liess den betörenden Duft der Seife in ihre samtweiche Haut einziehen. Anschliessend spülte sie sich ganz langsam die Seife von ihrem Körper. Sie genoss es, wenn das Wasser so über ihren Körper rieselte. Danach trocknete sie sich ausgiebig ab und schlüpfte in ihr rotes Dessoushöschen. Sie ging wieder ins Zimmer, fischte den lila Pullover aus ihrem Koffer und streifte ihn über.

Er saß schön eng an und brachte ihre Figur so richtig zur Geltung. Sie streckte die Brust heraus. Nein, so ging das nicht. Man konnte sogar die Abdrücke ihrer Nippel sehen. Sie machte sich zwar gern etwas aufreizend heraus, aber das war einfach zu viel. Nachdem sie noch eine ganz lose offene Bluse darüber gezogen hatte, war sie zufrieden. Sie streifte die abgewetzte Lee über und stöberte weiter im Koffer.

Wo waren denn bloß die Dokumente? Nein, nur das nicht. Verzweifelt wühlte sie weiter im Koffer. Von den Dokumenten keine Spur. Ohne die Dokumente war sie am Montag aufgeschmissen. Was sollte sie nur machen? Sie würde Mariola anrufen.
Nach dem Anruf fühlte sie sich etwas entspannter. Sie bestellte sich beim Zimmerservice ein Baguette und legte anschließend ihr ipad in Reichweite. Das Baguette war sehr gut, aber so richtig wollte es ihr nicht schmecken.
Gut, würde sie eben erst ihren Koffer in Ruhe weiter ausräumen. Als sie nach einer guten Stunde damit fertig war, wagte sie einen ersten Blick auf ihre Mails. Nichts. Sie wurde nervös.

Immer wieder sah Cordula auf die Uhr. Es war jetzt schon fast drei Stunden her, seit sie Mariola angerufen hatte. Mariola würde doch keinen Verdacht geschöpft haben? Eigentlich war das völlig unmöglich, denn aus den Dokumenten ging auf den ersten Blick nichts hervor, was dieses rechtfertigen könnte. Ob sie den Sicherheitsservice der Firma anrufen sollte?


Gewerbepark Eichholz



Der Wachmann sah auf die Uhr, die in dem geräumigen, gut geheizten Wachhäuschen über seinem Schreibtisch hing. Es war eine Digitalanzeige, die in grünen Lettern, gleichzeitig auch Jahr, Monat, Wochentag, Tag und Uhrzeit mit Sekunden anzeigte. Der Raum war spärlich ausgestattet mit einem Schreibtisch, einem kleinen Tischchen, worauf eine Kaffeemaschine mit einer halbvollen Kanne Kaffee und eine Küchenrolle mit Papierhandtüchern stand.
Daneben standen zwei große Kaffeetassen. Eine rote und eine blaue. Neben dem Tischchen befand sich noch ein kleines Spülbecken mit einem Wasserhahn und einem kleinen Boiler. Die Wände waren erst letzte Woche neu weiß gestrichen worden.
Im hinteren Bereich befand sich der Zugang zu einer Toilette. An der Wand hing ein Wandschrank und ein nicht zu aufdringlicher Pirelli Kalender. Zwar hatte jemand schon mal einen Spruch in Richtung Sexismus darüber gemacht, aber letztendlich war er doch hängen geblieben.

Auf dem Schreibtisch stand ein Ablagekorb, ein Telefon und ein Monitor, sowie eine Tastatur. Die kleine Client-Box war mit dem Server im Hauptgebäude verbunden. Neben der Tastatur lag noch eine Tasterbox, mit der man manuell die Schranke und das Haupttor bedienen konnte.
Aber das musste man fast nur am Wochenende. Im der Woche war sie auf Automatik geschaltet und ließ jeden mit einer gültigen Chipkarte automatisch ein. Das Tor stand ohnehin immer offen, da das Wachhäuschen rund um die Uhr besetzt war. Außerdem lagen noch ein Handy und ein Funksprechgerät auf dem Tisch. Ein Standmikrofon rundete die Schreibtischausstattung ab.

20.53 Uhr. Der Wachmann griff zum Telefon und wählte eine dreistellige Ziffern folge. Als am anderen Ende niemand abnahm, bediente er sich des Funksprechgerätes. "Walter hier ist Jörg." Keine Antwort. "Walter hier ist Jörg, ich brauche mal deine Hilfe". Aber das Sprechgerät blieb stumm. Der Wachmann seufzte. Walter nahm es leider nicht immer so ernst, mit der Kontrolle seiner Akkus für das Sprechgerät.Dann schloss das elektrisch betriebene Tor und machte sich auf den Weg zum Hauptgebäude.

Irgendwo
Als Mariola wieder die Augen öffnete, blinzelte sie zunächst verwirrt an die Decke. Offenbar lag sie in einem Bett. Die blass lila gepunktete Bettwäsche verströmte einen angenehmen Frühlingsduft. Ihr Kopf schmerzte, besonders auf der rechten Seite. Sie versuchte sich aufzurichten. "Na mein Herz, wieder aus dem Land der Träume zurück. Harry hat wohl etwas fest zugeschlagen. Die Platzwunde am Kopf mussten wir leider nähen. Aber keine Angst, das wird schon wieder.
Du bist hier in den besten Händen." Die Stimme kam von einer hünenhaften männlichen Gestalt mit kurz geschorenem, schwarzen Haar, der sich über sie beugte. Er grinste.
"Was ist los, wo bin ich?" Mariola vermochte es nicht, einen klaren Gedanken zu fassen. Hatte sie einen Unfall? Aber hatte er nicht etwas von -zugeschlagen- gesagt. Sie fasste sich über den Kopf. An einer Stelle waren ihre halblangen Haare abrasiert und als sie mit der Hand auch nur vorsichtig darüber strich, fühle es sich an als ob sie eine Drahtbürste darüber zog. Ermattet sank sie wieder ins Kissen zurück.

"Nun schlaf erst mal richtig aus. Und morgen sehen wir weiter." Mit diesen Worten verließ der Hüne den Raum. Mariola versank erneut in einen, allerdings unruhigen Schlaf. Erst nach zwei bis drei Stunden wurden ihre Atemzüge ruhiger und regelmäßiger. Sie musste bestimmt zehn Stunden geschlafen haben, als ein Geräusch an ihre Ohren drang und sie weit die Augen öffnete. Vor ihr saß ein kleines Männchen in einem weißen Kittel.

Guten Morgen Frau Rudnik. Ich hoffe, Sie haben gut geschlafen. Ich muss mich bei Ihnen für die Unannehmlichkeiten entschuldigen.

Mariola war augenblicklich hellwach und langsam kam ihre Erinnerung wieder. Cordula hatte sie gebeten, Dokumente aus ihrem Schreibtisch zu holen und ihr zuzusenden.

Sie wurde wütend. Wo bin ich hier und was wollen sie von mir? Der Weißkittel hob zu einer Antwort an, wurde jedoch von der immer wütender werdenden Mariola abrupt unterbrochen.
Woher wissen sie überhaupt meinen Namen und was geht hier ab?
Frau Rudnik erwiderte der Weißkittel in ruhigem Ton, bitte bleiben sie ruhig. Ich werde Ihnen alles erklären.

Darum möchte ich auch sehr bitten, fauchte Mariola.
Frau Rudnik, mein Name ist Adam Weiss. Ich arbeite ebenso wie sie in der Chemiebranche. Wir wissen fast alles über sie. Mariola Rudnik, geboren am 27.10.1980 in Poznan, Polen. 1985 mit den Eltern umgesiedelt nach Deutschland. Zunächst nach Göttingen, später nach Hamburg.
Dort 1997 Abitur am Alexander von Humboldt Gymnasium, wobei sie eine Klasse übersprungen haben.
Danach Studium der Chemie an der Universität Hamburg bis 2001. Und anschließend eine Anstellung bei Procter & Gamble ebenfalls in Hamburg. Seit 2007 arbeiten sie bei der Firma PROFOG, die zunächst in Bremen ansässig war, dann aber in den Gewerbepark Eichholz umzog. Sie sehen, wir sind bestens informiert.
Ich erspare ihnen hier noch weitere Details, sie wissen selbst am besten, mit wem sie Umgang pflegen. Sam und Pit sollen hier nur als Beispiel dienen.

Mariola schnürte es die Kehle zu. Wer waren DIE? Und woher wussten sie das alles? Wo.., woher wissen sie das alles? brachte sie daher auch nur heraus. Und warum ich?

Sehen Sie, dass möchte ich ihnen gern erklären, antwortete Herr Weiss, der seinem Namen durch den weißen Kittel zusätzlich Ausdruck verlieh.


Richmond Virginia, Samstag Abend.




Fred McAllister legte mit einem Stöhnen den Telefonhörer auf die Ablage zurück."This fuckin German", murmelte er. Anschließend drückte er auf einen Knopf unter seinem überdimensionalen Schreibtisch, der aber bis auf das Telefon vollkommen leer war.
Das ganze Büro war in hellbraunem Leder gehalten und man sah, dass hier Geld keine Rolle spielte.
Immerhin war McAllister leitendes Oberhaupt von AMTO, dem größten Zigarettenkonzern in der westlichen Welt. Sie machten insgesamt einen Jahresumsatz von über fünfzig Milliarden Dollar. Da sollte doch so ein "bescheidenes" Büro für den obersten Kopf des Konzerns nicht in Gewicht fallen.

"Sir?", fragte der eintretende Sekretär. Bill Houston war schon seit 10 Jahren in den Diensten von Fred McAllister. Er war 1,82 groß, braungebrannt und hatte einen Kurzhaarschnitt und einen muskulösen Körper, an dem es kein Gramm Fett zu geben schien. Neben einem erlesenen, offenen weißen Hemd trug er eine ebenso tadellose glatt gebügelte Hose und ein Paar elegante schwarze Schuhe von Bogetta Veneta.

"Es gibt Ärger Bill, die IVED will uns einen Strich durch die Rechnung machen." antwortete McAllister. "Sir?, wer oder was ist die IVED?"

"Die IVED, so nennen sie sich, ist eine kleine Gruppe von Dampfern aus Deutschland. Interessengemeinschaft vereinigter ExtremDampfer. Sie haben vor, unsere neuestes Projekt zu torpedieren und für sich zu nutzen."

"Sir, sie meinen doch nicht etwa das Projekt -NoEscape-?" stieß Houston bestürzt heraus. Er hatte die letzten zwei Jahre fast ausschließlich an dem Projekt gearbeitet und sah nun seinen Erfolg ernsthaft bedroht.

"Setzen sie sich in die nächste Maschine nach Hamburg und bringen das in Ordnung. Halten sie vorher Rücksprache mit Cordula Schmitt. Sie ist gerade in Warschau und sollte dort am Montag an einer Konferenz teilnehmen."

"OK Sir, bin schon so gut wie in Hamburg. Ich muss aber unseren Privatjet nehmen. Für die ganze Ein- u. Auscheckerei fehlt mir jetzt die Zeit."

"Hauen sie ab Mann, ich habe ohnehin nicht vor, zu verreisen."

Vor Jahren hatte McAllister einen großen Anteil einer kleinen Firma in Bremen mit dem Namen PROFOG erworben, die sich auf Herstellung u. Vertrieb von Nebelmaschinen nebst Zubehör für Diskotheken und Theater spezialisiert hatten. Auch das zugehörige Nebelmaterial stellten sie in einem kleinen Labor selbst her.
Als die Firma auf Grund einiger Fehlinvestitionen und der größer werdenden Konkurrenz am Markt, in die Schieflage kam, erfuhr er davon eher zufällig bei einer Aufführung in der Hamburger Oper. Dort wurde das Phantom der Oper aufgeführt und der wirklich echt wirkende Nebel hatte McAllister so beeindruckt, dass er über das Büro der Oper, weitere Einzelheiten nachgefragt hatte. Zwar wusste er, dass auch in seinen Betrieben Propylenglykol in rauen Mengen eingesetzt wurde, hatte jedoch den Prozess der Vernebelung noch nie so hautnah erlebt. Schließlich wurde es dem Tabak aus anderen Gründen zugesetzt.

Einzige Bedingung für eine Mehrheitsbeteiligung an PROFOG war, dass die Tochter des Eigentümers den dortigen Chefposten besetzen würde. So kam er damals mit Cordula in Kontakt. Sie führte die Firma auch nach dem Umzug weiter. Auch das Geschäftsfeld blieb zunächst das gleiche. Aber er hatte anderes damit vor.

McAllister bediente sich einer realtime Übersetzungssoftware, die sich immer automatisch einschaltete, sobald er eine Nummer in einem fremdsprachigen Land wählte. Diese spezielle Software hatte ihm sein Golffreund, ein General der US Army "freundlicherweise" gegen ein Bündel 1000$ Noten beschafft. Zwar sprach er, McAllister, neben seiner Muttersprache auch leidlich deutsch, spanisch und französisch, aber so war es auf jeden Fall einfacher.

Als Bill Houston gegangen war, griff er erneut zum Telefonhörer. Diesmal ging sein Anruf nach Afghanistan.


Gewerbepark Eichholz

]örg Jensen, der Wachmann, öffnete die Tür zum Haupteingang mit der ihm seit langem bekannten Prozedur. Automatisch schaltete sich das weißgelbe Licht ein. Zunächst schaute er in das Büro von Cordula Schmitt. Dort war alles aufgeräumt und an seinem Platz. Aber er hatte doch Frau Rudnik nicht herausfahren sehen. Außerdem hätte er ihr die Schranke öffnen müssen, da sie am Wochenende nicht automatisch aufging.
Dann ging er zurück zum Haupteingang und trat in den linken Gang ein, an dessem hinteren Ende sich das zweite Wachbüro befand. Die Ausstattung war fast identisch mit der an der Schranke, nur der Schrankentaster, Lautsprecher und Mikrofon fehlten.

Walter Steinmeier saß auf seinem Platz mit dem Kopf auf der Tischplatte. Ganz offensichtlich schlief er. Das laute Schnarchen war nicht zu überhören. "He Walter, wach auf!", schrie ihn Jörg Jensen an. Das war noch nie passiert. Bis auf die Patzer mit den Akkus war Walter bisher immer sehr zuverlässig gewesen. Erneut schrie Jensen ihn an. "Aufwachen!" Nun kam etwas Bewegung in den anderen. "Was, was is n los?". "Mann, du bist eingeschlafen." Jetzt kam noch mehr Bewegung in den Mann. "Ich hab nen Kaffee getrunken, und dann wurde mir sofort ganz komisch. Mehr weiß ich nicht mehr."

Jörg Jensen sah in die Kaffeedose. Außer Kaffee nichts zu sehen. "Ich hab mich schon umgesehen. Etwas besonderes ist mir nicht aufgefallen. Außer, dass ich so vor einer guten Stunde Frau Rudnik reingelassen habe und sie nicht mehr herausgekommen ist. Aber ihr Auto ist auch weg."

"Und was machen wir nun?", fragte der eingeschlafene Wachmann. "Eigentlich müssten wir die Polizei rufen. Aber die erklären uns glatt für blöd. Es fehlt nichts, es ist nichts beschädigt. Und einen Hinweis darauf, dass Frau Rudnik überhaupt hie war, gibt es auch nicht." antwortete sein Gegenüber.

"Und du weißt, wie die sind, hier in der Firma. Wenn es beim Wachpersonal auch nur die kleinste Unregelmäßigkeit gibt, wechseln sie gleich die ganze Truppe aus. Egal, ob du was dafür kannst oder nicht. Wir schütten den Kaffee weg und gut is. Du weißt nichts und ich auch nicht. Ich seh noch Mal im Computer nach, wann Frau Rudnik wieder gegangen ist," sagte Walter Steinmeier. "Hier, ich habs. Sie hat sich vor ner halben Stunde schon wieder ausgeloggt."

"Und das Auto?" fragte Walter.
"Ja, das ist schon merkwürdig, aber willst du deswegen die Bullen rufen? Komm, scheiß drauf. wir gehen wieder an unsere Arbeit. Jetzt gehst du nach vorne." Und dabei beließen sie es.

Sie sollten ihren egoistischen Entschluss jedoch bitter bereuen.

Irgendwo

Herr Weiss, das kleine weiße Männchen, setzte an, Mariola den Grund ihrer Entführung zu erläutern. "Frau Rudnik, es tut uns furchtbar leid" Mariola unterbrach ihn. "Es ist mir scheißegal, was sie mir sagen wollen, ich will jetzt nach Hause, was sie hier veranstalten ist Kidnapping. Und überhaupt, ich brauche jetzt erst mal was zum Dampfen."

"Sehen sie, und auch hier sind wir gut informiert", antwortete Herr Weiss und zog eine nagelneue Mini Vivi mit Akku aus der Tasche. "Sogar ihr Lieblingsliquid -18er Mollinuss- ist drin. Allerdings hab ich auch noch was anderes für sie." Mit diesen Worten zog er aus der anderen Kitteltasche einen nagelneuen Provari mit Kayfun. "Wir wissen zwar, dass sie lieber kleinere Modelle bevorzugen, aber vielleicht sollten sie den auch mal probieren." Mit diesen Worten reichte er Mariola die Dampfkombi. "Ist das gleiche Liquid drin."

Mariola nahm zunächst einen Zug aus der Vivi. Nun aber siegte die Neugier. Sie nahm einen kräftigen Zug aus dem Kayfun mit dem Provari. Ui, Dampf bleibt zwar Dampf, aber das war schon ein Unterschied. Sie war etwas besänftigt.

"So, und raus mit der Sprache!"

"Frau Rudnik, wie ich schon erwähnte, tut es uns furchtbar leid, dass sie da hineingeraten sind, aber als sie ins Büro von Cordula Schmitt kamen, hatten wir keine andere Wahl." Er verschwieg, dass sie bereits eine halbe Stunde vorher wussten, dass sie kommen würde, da die IVED ihre Handyverbindung schon vor längerer Zeit angezapft hatte. Daher wussten sie auch, dass sie offensichtlich ahnungslos war, was die geheimen Projekte der Firma betraf.

Herr Weiss fuhr fort. "Wir haben relativ sichere Informationen darüber, das in ihrer Firma Bestrebungen laufen, die Herstellung und den Verkauf von Basis, also Propylenglykol, auch als 1.2 Propandol bekannt, in einer Weise zu erhöhen, die in keinem Verhältnis zu den bisherigen Geschäften der Firma passt. Außerdem ist auch der Vertrieb von pflanzlichen Glycerin geplant, obwohl dieses bisher überhaupt nicht in ihr bisheriges Programm passt." Er machte eine kurze Pause.

"Das allein hätte uns sicherlich noch nicht stutzig gemacht. Es gibt aber noch andere Hinweise, die uns im höchsten Grade beunruhigen."
Bisher hatte sich Herr Weiss tapfer gehalten. Jetzt aber griff er in die obere Kitteltasche und fördere einen Innokin VTR mit einem aufgeschraubten Ring by Pit hervor. "Ich darf doch?"

"Und was sind das für Hinweise?" fragte Mariola nach, deren Augen bei den Ausführungen von Herrn Weiss fast so groß wie Mühlräder geworden waren.

"Nun, wir haben noch nichts konkretes. Wir haben gehofft, in den Unterlagen ihrer Chefin Cordula genauere Informationen zu finden. Die Unterlagen wirken aber auf den ersten Blick harmlos und befassen sich lediglich damit, den Produktionsprozess bei der Herstellung von 1.2 Propandiol, sie kennen das unter PG, so zu verändern, dass es zu erheblichen Kosteneinsparungen kommt. Das, was uns dabei stutzig gemacht hat, ist, dass der beschriebene Produktionsweg den Prozess eher verteuern als optimieren würde."

"Und was heißt das?" fragte Mariola.

"Sehen sie, ich arbeite selbst in der Chemiebranche. Der beschriebene Prozess müsste eigentlich die Zusammensetzung des PG verändern. Merkwürdigerweise tut er das aber nicht. Wer zum Teufel könnte ein Interesse daran haben, einen Produktionsprozess zu verteuern, wenn letztendlich das gleiche Produkt herauskommt?"


Warschau



Cordula wollte gerade den Wachdienst der Firma anrufen, als ihr Handy sich mit einer Melodie von Enigma meldete. Cordula schrak zusammen. Diese Melodie hatte sie speziell für ihre Überseekontakte reserviert. Hastig und nervös, mit einer bösen Vorahnung, nahm sie das Gespräch an.

"Bill Houston hier, Frau Schmitt, sie müssen die Konferenz am Montag verschieben. Wir müssen da erst noch einiges regeln. Ich rufe sie wieder an, sobald ich in Hamburg bin. Soviel vorab: McAllister hat einen Anruf erhalten von einer Gruppe, die sich IGEV nennt. Sie sind im Besitz ihrer Unterlagen und haben Mariola Rudnik in ihrer Gewalt."
"Wissen sie etwas?" fragte Cordula mit einer Stimme zurück, deren Ton man als überbelegt hätte bezeichnen können.

"Nein, ich glaube nicht, aber ich denke, sie hegen irgendeinen Verdacht", entgegnete Bill in ruhigem Ton. "Passen sie auf, ich werde meinen Plan etwas abwandeln. Ich schaue zuerst in Hamburg nach dem rechten und nehme dann mit ihnen an der Besprechung teil, die sie bitte auf Mittwoch früh verschieben. Dann habe ich etwas mehr Luft, den Dingen auf den Grund zu gehen."

Bei allem Ungemach freute sich Bill, die attraktive, reife Blondine mit den aufregenden Kurven wiederzusehen. Er hatte sie schon bei der anteiligen Geschäftsübernahme kennen gelernt und könnte sich durchaus vorstellen, dass sich neben dem Desaster auch etwas positives entwickeln könnte. Ob sie noch so gut aussah, wie damals?

"Gut, so machen wir es," versuchte sie in möglichst geschäftlichen Ton zu erwidern. "Wir sehen uns dann am Mittwoch.

Trotz des Schreckens, den ihr der Anruf eingejagt hatte, tat Cordulas Herz jetzt einen kleinen Hüpfer, dass sie den attraktiven Mann wiedersehen würde, der vielleicht drei bis vier Jahre jünger als sie sein mochte und dessen Anblick und gepflegte, sympathische Erscheinung ihr schon damals das Blut in die Schenkel getrieben hatte. Mmh.. und er roch so gut.
Bei der Übernahme der Firmenanteile hatte sich jedoch leider keine Gelegenheit ergeben, ihn näher kennen zu lernen. Sie hatte schon seinerzeit noch lange an ihn denken müssen.

"Also bis dann, - sind sie noch dran?", verlautete es vom anderen Ende des Globus.

Cordula hatte einen Kloß im Hals "Ähm, ja, biss dann.." Das Handy klickte, das Gespräch war beendet.

Cordula musste jetzt schnellstens den Chef von AREWANI, sowie den hier in Warschau wohnenden Vice-Direktor von AMTO anrufen und einen ihr nicht bekannten Chemiker, von dem sie nicht mehr wusste, als seine Telefonnummer und dass er auf seinem Gebiet eine Koryphäe war.

AREWANI war ein großer polnischer Hersteller von 1.2 Propandol, der AMTO Polska für den europäischen Markt belieferte und nebenbei noch andere Produkte herstellte, die ihnen vielleicht bei ihrem Vorhaben nützlich sein könnten.

Die Herren waren natürlich allesamt nicht begeistert von der Terminverschiebung, aber letztendlich stimmten sie zu.

Cordula hatte sich jetzt wieder etwas abgeregt und beschloss, noch einen Stadtbummel zu machen, um sich zu stärken. Zwar war das Restaurant im Sheraton vorzüglich, aber sie musste einfach mal an die frische Luft.

Fast hätte sie ihre Dampfe vergessen. Mal sehen, ob sie im Supermarkt noch einen Liquidstand auftreiben konnte, der ein etwas außergewöhnliches Liquid hatte.


Khanabad/Afghanistan



Ahmad Jawed war in keiner Weise mit dem gleichnamigen Literaturwissenschaftler verwandt. Sie hatten halt nur den gleichen Namen. Ahmad kam gerade vom Füttern der Ziegen zurück, als das Telefon der kleinen Station nahe Kharok im südwestlichen Afghanistan klingelte.

Ahmad war ein kleiner Bauer, der durch den Krieg seine gesamte Habe bei einem Bombenangriff verloren hatte. Er war, trotz seiner Herkunft, ein pfiffiger Kerl, dessen wettergegerbte braune Haut jedoch die ländliche Herkunft nicht verleugnen konnte. Seitdem schlug er sich in Kabul mit Gelegenheitsarbeiten durch, von denen es wenig genug gab. Vor zwei Jahren war ein gut gekleideter Amerikaner auf ihn zugekommen und hatte ihn in bester Landessprache gefragt, ob er für ihn arbeiten wolle. Ahmad war zunächst misstrauisch, da er den Amerikanern nicht traute.

Der Amerikaner, ein Mittelsmann von McAllister, überzeugte ihn jedoch mit Geld und als er hörte, dass er nichts weiter als einen kleinen Bauernhof mit Ziegen führen sollte, schwanden seine Zweifel vollends.
Es gab zwar einige ungewöhnliche Spezialaufgaben, aber das störte ihn nicht weiter. Eine dieser Aufgaben war es, die Ziegen mittels einer speziell dafür gelieferten Maschine dreimal am Tag einzunebeln. Außerdem musste er über jede Ziege eine eigene Liste mit Gewicht, Allgemeinzustand und besonderen Auffälligkeiten führen.

Ahmad fragte sich zwar insgeheim, warum der Amerikaner diese Tierversuche, denn das war es ja wohl, nicht im eigenen Land machte, vermied es jedoch tunlichst, danach zu fragen. Hier in dieser steinigen Einöde fragte ihn bestimmt niemand danach. Seine Frau schon gar nicht. Und wenn doch mal jemand fragen sollte, würde er sagen, dass es gegen das Ungeziefer gut ist.

"Ahmad, na, was machen unsere Ziegen? tönte die Stimme aus Amerika. "Den Ziegen geht es gut", antwortete Ahmad wahrheitsgemäß. "Aber in letzter Zeit ist mir etwas aufgefallen. Etwa eine Stunde vor dem Einnebeln werden sie unruhig. Sobald dann der Nebel einsetzt, dauert es etwa 10 Minuten und sie sind wieder wie vorher." "Und das jedes Mal?" kam die Rückfrage.
"Ja, jedes Mal, aber ansonsten sind sie kerngesund."
Ahmad könnte nicht sehen, wie sein Gesprächspartner zufrieden grinste. "Danke, Ahmad, das war schon alles was ich wissen wollte. Mach weiter wie bisher. Bye. Ach noch etwas, vergiss nicht, das wir diese Woche wieder die Blutproben von den Ziegen brauchen." Damit beendete McAllister das Gespräch.



Richmond/Hamburg



Nachdem Bill das Gespräch mit Cordula beendet hatte, rief er den firmeneigenen Piloten an, damit dieser sich auf den Weg zum Flugplatz machen sollte. Dieser sollte auch den Copiloten informieren und die unumgänglichen Flugformalitäten erledigen. Und unbedingt noch eine Flugbegleiterin organisieren. Bill hatte keine Lust, sich den Kaffee alleine kochen zu müssen.

Der Flughafen Richmond verfügte über keine Direktverbindungen nach Europa, weshalb Bill es auch vorzog, mit dem Firmenjet zu fliegen. AMTO hatte auf dem Flughafengelände für solche Zwecke eine Gulfstream G550 stehen, die im Auslieferungszustand bis zu vierzehn Passagiere direkt über den großen Teich befördern konnte.
Sie hatten die Maschine jedoch etwas umbauen lassen, so, dass sich noch ein kleiner Schlafraum und eine gemütliche Sitzecke darin befand. Auf diese Weise bot sie jetzt zwar nur noch Platz für acht Personen, aber es war gemütlicher und man konnte sich auf den langen Überseeflügen auch mal ausruhen.

Bill erreichte den Flughafen vom East End über Downtown, den Libby Hide Park und Montrose bequem in 45 Minuten, auch wenn es auf der Strecke einen kleinen Stau gegeben hatte, weil ein LKW Fahrer nicht aufgepasst hatte und auf den Vordermann aufgefahren war.
Er sah auf seinen Chronometer von Glashütte, ein Kleinod, welches er sich bei seinem letzten Besuch in Deutschland gegönnt hatte. Samstag, 23.05 Uhr nach örtlicher Zeit. Wenn er die Zeitverschiebung mit einkalkulierte müsste er am Sonntag gegen 15.00 in Hamburg eintreffen.
Dann hatte er bis Montag noch genug Zeit, sich im Hotel zurechtzufinden. Das Hotel würde er vom Flugzeug aus buchen. Er würde wohl im Kempinski absteigen. Letztes Mal, war er jedenfalls dort mit dem Service sehr zufrieden gewesen. Der Einfachheit halber würde Bill natürlich auch die Crew dort unterbringen.

Die Gulfstream war noch beim Auftanken, aber die Crew war schon bereit. Er begrüßte die Piloten Jeff und Ronald, sowie eine durchaus hübsche Flugbegleiterin, die auf den Namen Jennifer hörte. Sie waren etwas eher losgefahren und hatten daher den Stau verpasst. Aber in knapp 20 Minuten würde es losgehen.

Um 0.33 Uhr Richmonder Zeit hob die Maschine vom Boden ab und landete wie vorgesehen, ohne jegliche Zwischenfälle am Sonntag um 15.05 MEZ in Hamburg. Ein Taxi brachte sie auf dem schnellsten Weg ins Kempinski, wo man sie bereits erwartete.

Er checkte kurz seine Mails auf dem iphone. Eine Nachricht von McAllister. Den Ziegen geht es gut. Mehr stand da nicht. Aber Bill reichte es schon. Er lächelte und würde bestimmt nachher Cordula Schmitt in Warschau anrufen.

Irgendwo

"Frau Rudnik", fuhr Weiss fort, "wir müssen ganz sicher sein, dass sie in diese Angelegenheit nicht verwickelt sind, darum haben wir sie auch mitgenommen. Uns wundert nur, warum der Wachdienst keinen Alarm geschlagen hat. Aber darum werden wir uns auch noch kümmern."

Mariola fing langsam wieder an, zu kochen. "Heißt das, sie haben mir praktisch zur Sicherheit eins über den Schädel geschlagen und mich hierher verschleppt? Wo sind wir hier überhaupt?"

"Frau Rudnik, ich kann ihre Aufregung durchaus verstehen," versuchte Herr Weiss mit ruhiger Stimme zu beschwichtigen. "Andererseits ist die ganze Sache nicht nur für uns, sondern für alle Dampfer so wichtig, dass wir überhaupt kein Risiko eingehen dürfen.
Sie sind hier an einem sicheren Ort, an dem es ihnen, abgesehen von ihrem normalen Tagesablauf an nichts fehlen soll.
Betrachten sie es einstweilen einfach als Urlaub. Ich verspreche ihnen, dass ihnen kein Haar mehr gekrümmt wird, wenn unsere weiteren Nachforschungen sie weiterhin entlasten."

"Sicherlich wissen sie auch," führte der kleine Mann weiter aus, "dass die Tabakindustrie mit Hilfe der EU, versucht, ihre Erträge zu sichern. Wenn nun das Dampfen uneingeschränkt, wie bisher, erlaubt bleibt, haben sie schlechte Karten.
Also versuchen sie auf alle nur denkbaren Arten Einfluss zu nehmen. Wir denken, dass sie irgendwas planen, dass sie unangreifbar macht. Und darüber hinaus sogar noch zusätzlichen Gewinn bringt. Wir verfügen leider nicht über die Mittel, um alle Einzelheiten nachvollziehen zu können und sind daher auf jedwede Hilfe angewiesen. Wenn sie also wirklich mit sich im Reinen sind, bitte helfen sie uns."

"Na das war ja wirklich eine lange Ansprache", blaffte Mariola zurück. Aber in Wirklichkeit war sie inzwischen nachdenklich geworden. So einfach raus kam sie hier wohl ohnehin nicht. Und bisher hatte man sie, abgesehen von dem Schlag auf den Kopf, auch gut behandelt. Sogar die Platzwunde schien bestens ärztlich versorgt worden zu sein. Daher sagte sie jetzt: "Bitte lassen sie mir Zeit zum Überlegen, ich bin noch ganz schön mitgenommen."

Ihr war nämlich etwas eingefallen. Und darüber musste sie tatsächlich erst mal nachdenken.


***


Richmond Virginia
McAllister rief seinen Golffreund den General an. "Fred hier, General, du musst mir noch einen kleinen Gefallen tun. "Schieß los." "Ist keine Sache fürs Telefon, können wir uns im Club treffen?" "Ok, geht aber erst morgen um 18.00 Uhr." antwortete der General.


***

Gewerbepark Eichholz
Bill Houston hatte sich mit einem Taxi raus fahren lassen. Ein alter, allerdings überaus gepflegter, Mercedes, der schon einige Jahre auf dem Buckel hatte und noch aus der Zeit stammte, als alle Taxen in Deutschland noch elfenbeinfarben lackiert sein mussten, hatte ihn hergebracht. Die Deutschen hatten aber auch Einfälle. Inzwischen war das zwar abgeschafft, aber auch nur auf Drängen der EU. Die Krauts würden sonst wohl heute noch elfenbeinfarben umher chauffieren.

Er zahlte und gab ein nicht zu großzügiges Trinkgeld, weil er nicht wollte, dass der Fahrer sich vielleicht nur deshalb an ihn erinnerte. Eine alte Gewohnheit, die ihn schon manchmal vor Ungemach bewahrt hatte.
Dann ging er direkt ins Wachhäuschen. Nachdem er sich dem Wachmann, vorgestellt hatte, führte dieser ein kurzes Gespräch und sagte: "Herr Hansen wird Sie gleich abholen, Sie können ihm schon entgegen gehen. Ist ja nicht ganz soweit."
Bis zum Haupteingang waren es ungefähr zweihundertfünfzig Meter. Wegen einer Hecke in etwa achtzig Meter Entfernung, konnte dieser jedoch vom Wachhäuschen nicht eingesehen werden.

Auf halber Strecke kam ihm Herr Hansen schon entgegen. Lorenz Hansen war ein korpulenter, angegrauter Endfünfziger mit einem Haarkranz. Er mochte etwa eins siebzig groß sein und trug einen dunkelblauen Anzug und eine Hornbrille. Seine Krawatte sah aus, wie aus den fünfziger Jahren. Entweder war sie noch von seiner Konfirmation, oder er hatte sie von seinem Vater geerbt. Bis auf die Krawatte machte er einen eher unauffälligen Eindruck. Wahrscheinlich hatte sich noch niemand getraut, ihn auf die Krawatte anzusprechen. Auch Bill unterließ es aus Höflichkeit.

"Hallo Mister Houston, na das ist ja eine Überraschung, was führt sie zu uns?" Hansen und Bill kannten sich von seinem letzten Besuch, bei dem, sehr zu Bills Bedauern die Chefin, also Cordula Schmitt, leider gerade auf einer Geschäftsreise war. "Aber gehen wir erst in mein Büro."

Das Büro von Herrn Hansen sah so aufgeräumt aus, wie Herr Hansen selbst. Trotzdem konnte man auf den zweiten Blick sehen, dass hier gearbeitet wurde. "Kaffee, Tee oder etwas anderes zum Trinken?" fragte Hansen.

"Danke, ich habe gerade im Hotel gefrühstückt und würde lieber gleich zum Anlass meines unangemeldeten Besuches kommen" antwortete Bill. Hansen sah ihn gespannt an. "Herr Hansen, was wissen sie über den Einbruch am Samstagabend?" Hansens bis dahin ruhige Miene entgleiste und wich einer grenzenlosen Verwunderung. "Einbruch? Bei uns? Ich weiß von keinem Einbruch. Ich werde sofort das Wachpersonal befragen." Sagte es und griff sofort zum Telefonhörer. "Meier, kommen sie doch bitte sofort in mein Büro und bringen das Wachbuch mit."

Da die Wachschicht ständig wechselte, befanden sich die Wachleute aus den Wochenendschichten jetzt zu Hause und zwei andere Wachleute waren im Einsatz. Es vergingen zwei Minuten, bis ein stark gebauter junger Mann ohne Anzuklopfen die Tür öffnete. In der Hand trug er ein abgewetztes schwarz gebundenes Buch im A4 Format.

"Guten Morgen." wünschte Meier in forschem Ton. Hansen stellte Bill kurz Herrn Meier vor. "Herr Meier," sagte Hansen "Mister Houston berichtet mir, von einem angeblichen Einbruch am Samstagabend. "Aber doch nicht bei uns!" erwiderte der Wachmann selbstsicher. "Das wüsste ich bestimmt. Hier, sehen sie selbst." Er schlug das Wachbuch auf.

Hier, am Samstag sind nur drei Einträge drin, am Wochenende ist hier in der Regel nichts los. Hier stehts:

13.11 Uhr Videoüberwachung ausgefallen, Service angerufen um 13.15 Uhr. Voraussichtliche Reparatur am Montag gegen 15.00 Uhr, Jensen

19.40 Uhr, Einfahrt von Mariola Rudnik, Jensen
20.32 Uhr Ausfahrt von Mariola Rudnik, Jensen


Moment mal Meier, das Herr schenkte sich Bill an dieser Stelle, dafür war er zu aufgebracht.
Ich habe gesicherte Informationen, dass in das Büro von Frau Schmitt eingebrochen wurde und Frau Rudnik entführt wurde. Wie kann sie dann wieder rausgefahren sein?

Dazu kann ich ihnen nichts sagen, erwiderte der Wachmann. Ich hatte keinen Dienst. Zu dieser Zeit waren Jörg Jensen und Walter Steinmeier im Einsatz.

Was machen wir, fragte jetzt Hansen unsicher. Rufen wir die Polizei?

Die Polizei können wir immer noch einschalten. Ich denke, wir sollten uns die beiden Herren erst mal vorknöpfen. erwiderte Bill.


Warschau

Cordula stand unter der Dusche, als das Handy klingelte. Sie hatte gerade ihren nackten, glatten Körper sorgfältig eingeseift. Die langen blonden Haare klebten nass über ihren die Schultern. Hastig wischte sie mit dem Handtuch den größten Schaum ab und setzte vorsichtig ein Bein aus der Dusche.
Sie musste aufpassen, damit sie nicht ausrutschte. Das Handy lag ausgerechnet im hintersten Ende des Hotelzimmers in der Fensterbank. Sie tapste mit Trippelschritten durchs Zimmer und schnappte hastig den Apparat. Dabei riss sie den Innokin 134 mit herunter, der allerdings auf den weichen Teppich fiel. Ja? Es war Bill. Frau Schmitt, ich war heute in der Firma. Offensichtlich haben sie dort von dem Einbruch nichts mitbekommen.

Und was ist mit dem Wachpersonal?

Das habe ich verhört. Leider war aus Ihnen nichts herauszubekommen. Bedauerlicherweise hatten sie auf der Rückfahrt einen tödlichen Unfall.

Sie haben doch nicht...? setzte Cordula an.

Nein, ich doch nicht. antwortete Bill entrüstet. Die Polizei hat den Unfall aufgenommen und mutmasst, das es wohl überhöhte Geschwindigkeit war. Sehr bedauerlich, das Ganze. Wir werden den Familien ein wenig unter die Arme greifen. Im Namen der Firma, versteht sich.

Cordula schluckte. Ja, das versteht sich von selbst. presste sie heraus. Sie hatte plötzlich eine Gänsehaut.
Es klopfte an der Zimmertür. Ich muss jetzt Schluss machen, antwortete sie hastig. Es hat an der Tür geklopft. Wir sehen uns ja dann am Mittwoch.

Sie hastete zur Tür und riss sie auf. Dem Zimmerservice wäre fast das Tablett mit dem von ihr bestellten Tomatensaft aus der Hand gefallen. Sie hatte ganz vergessen, dass sie vollkommen nackt war.

Irgendwo

Mariola überlegte bis zum nächsten Morgen. Herr Weiss hielt sein Versprechen vollumfänglich ein. Was auch immer sie äußerte, wurde, wenn möglich, erfüllt. Auch das Essen ließ keine Wünsche offen. Nur gehen durfte sie halt nicht. Sie bekam aber Gelegenheit, alle nur erdenklichen Verdampfer und Akkuträger auszuprobieren und sie durfte Liquide probieren, von denen sie bisher nicht zu träumen gewagt hätte. Und der Hüne hieß Siegfried und war eigentlich ganz nett.

Ihr "Gefängnis" musste irgendwo an der Küste liegen. Durch die vergitterten Fenster konnte sie das Meer sehen. Sie hatte einen großen LCD Fernseher in ihrem großen, freundlich hergerichtetem Zimmer, ein Radio und sie konnte auch mit einem speziellen Computer ins Internet, besaß dort aber keinerlei Schreibrechte. Aber sie konnte sogar ihre Mails lesen.
Natürlich hatte Pit nachgefragt, warum sie nicht auf seiner Party war. Leider konnte sie ihm nicht antworten. Er hätte nicht schlecht gestaunt.

Irgendwann in der letzten Zeit hatte Cordula mal nebenbei eine Bemerkung gemacht, die ihr nicht mehr aus dem Kopf ging. Sie hatte dieser Bemerkung zunächst keine große Beachtung geschenkt, aber je länger sie jetzt unter dem Einfluss der letzten Ereignisse darüber nachgedacht hatte, desto klarer wurde ihr der Sinn der Bedeutung.

Cordula hatte gesagt: "Eigentlich brauchen wir das Nikotin doch gar nicht zusätzlich, es wäre doch viel praktischer, wenn bereits in der Basis ein entsprechender Stoff drin ist, der unsere Sucht befriedigt. Und es müsste ja noch nicht mal einer wissen." Und dann hatte sie gelacht und gesagt: "Wäre doch irre. Oder?"

Oh shit, genau das ist es, was sie wollen. Einen nicht nachweisbaren Suchtstoff der sich bereits in der Basis befindet. Damit machen sie sogar die abhängig, die 0er Liquid oder Basis verwenden. Daher auch der veränderte Herstellungsprozess, der etwas teurer ist, als der bisherige.

Mariola begann zu frösteln. zum Frühstück brachte sie keinen Bissen herunter und sogar ihre Dampfe wollte ihr heute nicht schmecken.

Als kurz darauf Herr Weiss kam, berichtete sie ihm ihre Überlegungen.
"Genau das ist es. Diese Teufel!" zischte Weiss, "Die schrecken doch vor nichts zurück. Und wir haben noch nicht mal Beweise. Ich muss sofort weg."

Mit diesen Worten stürzte er förmlich aus dem Zimmer und ließ Mariola wieder allein.


Warschau

Tagungsraum im Sheraton Warschau


Mittwoch 10.30 Uhr. Bill musste sich beeilen. Statt mit der Gulfstream zu fliegen, hatte er diesmal den 9.00 Uhr Linienflug mit Lot gebucht. Der Pilot hatte ihm erklärt, dass die Formalitäten für diese Kurzstrecke einfach zu aufwändig waren.
In Wirklichkeit hatte Jeff nur vergessen, den Flug rechtzeitig anzumelden. Dies hätte er nämlich in Fuhlsbüttel bereits am Vorabend tun müssen. Da er im Gegensatz zu Bill aber mit der deutschen Sprache nicht so vertraut war, hatte er da wohl etwas missverstanden und so lag die Startgenehmigung nicht rechtzeitig vor.

Bill wäre zwar einerseits lieber mit der Gulfstream geflogen, andererseits brauchte er sich auf diese Weise nicht um die Unterbringung der Crew in Warschau kümmern, die ohnehin, so wie er, die polnische Sprache nicht in ihrem Repertoire hatte.

Cordula hatte für die Konferenz den Lisbona Tagungsraum im Sheraton gebucht. Es war ein relativ kleiner Raum, der Platz für zwölf Personen bot. Der Raum war mit dunklem Parkett ausgelegt und die Vorhänge waren, dazu passend, ebenfalls in einem dunklen Braun gehalten.
Als Bill eintraf, saßen die anderen Besprechungsgäste schon an ihrem Platz. Die Begrüßung von Bill und Cordula hatte etwas knisterndes. Hi, Mr. Houston. Bitte sagen sie doch in Zukunft einfach Cordula, sagte sie und küsste ihn flüchtig auf die Wange. Bill durchfuhr ein Kribbeln. Also ok, dann in Zukunft Cordula. Ich heiße Bill, sagte er sichtlich erfreut. Und gab ihr den flüchtigen Wangenkuß zurück. Cordula fühlte sich wie das Red Bull Männchen. Um ein Haar hätte sie abgehoben.

Nun machte Cordula die anderen Teilnehmer miteinander bekannt.

Der Direktor von AREWANI (bitte nicht rückwärts lesen) war eine stattliche Person und sah aus, wie sich Klein Fritzchen eben einen Direktor vorstellt. Er hatte einen typisch polnischen Namen, dessen Schreibweise sich Bill wohl nie merken würde. Wojciech Wojciechowski. Das einzig ungewöhnliche an ihm war, dass er darauf bestanden hatte, im Tagungsraum dampfen zu dürfen.
Sein altmodischer King Kong lag bereits auf dem Tisch. Dazu so gar nicht passen wollte allerdings der IGO-F Tröpfler, den er darauf geschraubt hatte. Wann fand dieser Mann noch Zeit, seinen Verdampfer zu wickeln? Glücklicherweise hatte er aber eine ältere Kopie der Unterlagen dabei, die aus Cordulas Büro im Gewerbepark Eichholz entwendet worden waren. Auf diese Weise fehlten nur ein paar von Cordula geänderte Passagen.

Der Direktor hatte noch seine Chefchemikerin Anna Pawlik mitgebracht. Anna war das ganze Gegenteil von Cordula. Zwar sah sie durchaus gepflegt aus, aber man konnte sehen, dass ihr offenbar nicht viel an ihrem Erscheinungsbild lag.
Sie trug dunkle Haare, die sie hinten zu einem Dutt zusammengebunden hatte. Anna mochte etwa 52 sein und ihre Ausstrahlung, sofern man bei ihr überhaupt davon sprechen konnte, wäre mit -reserviert- mehr als treffend beschrieben. Ihren Posten als Chefchemikerin verdankte sie daher ihrem unermüdlichen und überaus kompetenten Einsatz.

Der Chef von AMTO Poland, John DiLeo, konnte seine italienische Abstammung nicht verleugnen. Freundlich drückte er Bill die Hand. Nice to see you. Er wiederholte das noch einmal auf deutsch Freut mich, Sie zu sehen. Das Gespräch sollte auch deutsch bleiben.

John DiLeo war es auch, der das Gespräch eröffnete.

Meine Damen, meine Herren, ich denke, wir sind mit unseren Forschungsergebnissen so gut wie am Ziel. Sie wissen alle, dass es darum geht, eine Basis für Liquid herzustellen, die uns in die Lage versetzt, in Zukunft auf die Beimischung von Nikotin verzichten zu können. Und das ohne die Gefahr, dass die Menschen in der Folgezeit darauf verzichten.

Ja, ich gehe noch einen Schritt weiter. Wie ihnen bekannt, findet Propylenglykol nicht nur bei den Dampfern regen Absatz, sondern wird auch als Feuchthaltemittel sowohl in unseren Zigaretten, als auch in der Lebensmittelindustrie eingesetzt.

Durch einen neuen Herstellungsprozess ist es uns gelungen, quasi IN der Basis einen Stoff zu verankern, der über das gleiche Suchtpotenzial verfügt wie Nikotin. Und OHNE das dieser Stoff, wir nennen ihn Nicoever mit bislang bekannten Methoden nachweisbar ist. Einzig uns allein ist eine Methode der Nachweisbarkeit bekannt, da auch nur WIR den Herstellungsprozess kennen.

Frau Pawlik vielleicht können Sie uns etwas genaueres dazu sagen, wandte er sich an die Chefchemikerin.

Trotz ihrer äußeren Erscheinungsweise hatte Anna Pawlik eine sehr sympathische Stimme. Cordula war überrascht.
Ich möchte sie hier nicht zu sehr mit Fachbegriffen langweilen. Es ist uns gelungen, Nicoever praktisch in der Molekularstruktur der Basis zu verankern.

Sie machte eine kurze Pause und fuhr dann fort:
Daher ist auch mit den bekannten Methoden Nicoever nicht nachweisbar. Es ist ebenso wie Nikotin geruch- und geschmacklos. Es hat aber darüber hinaus den Vorteil, dass es sich auch bei längerer Lagerung und Lichteinfluss nicht verfärbt. Somit ist unser Liquidgrundstoff äußerlich und auch von der chemischen Zusammensetzung her, genau wie vorher.

Sie nahm einen Schluck Apollinaris und räusperte sich. Eben bis auf das in der Struktur enthaltene Nicoever. Aber das ist ja, wie Herr DiLeo bereits ausführte für den Rest der Welt nicht nachweisbar.

Jetzt ergriff der der Direktor von AREWANI mit dem unaussprechlichen Namen das Wort, nachdem er vorher einen kräftigen Zug aus seinem Igo-F genossen hatte.

Es ist uns weiterhin gelungen, den computergesteuerten Produktionsprozess so in das System zu integrieren, dass auch der Ablauf der Produktion sich in keiner Weise ändert. Somit wird auch unseren Mitarbeitern in keiner Weise eine Veränderung auffallen. Das war nötig, um von vornherein, sagen wir mal, undichte Stellen zu vermeiden. Schon allein das hat uns einige Wochen gekostet. Aber,Sie sehen, wir haben unsere Hausaufgaben gemacht.

Wir aber auch, meldete sich nun Bill, der auch irgendwie -beflügelt- schien. Unsere Versuche mit Ziegen in Afghanistan haben einwandfrei ergeben, dass die Tiere eindeutig süchtig nach dem Zeug sind. Wir warten jetzt nur noch auf die Ergebnisse der letzten Blutuntersuchung der Tiere, um sicher zu stellen, dass auch im Blut nichts nachweisbar ist. Meine Damen, meine Herren, ich würde sagen, wir sind am Ziel!

Cordula hatte bisher noch gar nichts gesagt. Ab und zu hatte sie einen verstohlenen Blick zu Bill herüber geworfen und ihn sogar einmal ertappt, als er das gleiche tat.

Ich war auch nicht untätig und habe den Produktionsprozess noch dahin optimieren können, dass die Herstellung nur noch geringfügig teurer ist, als bisher. Immerhin müssen wir uns am Markt auch vor den Importen aus China behaupten. Ich bin mir sicher, dass die zu erwartenden viel größeren Absatzmengen in Europa und den USA dies mehr als aufwiegen werden. Immerhin kostet die bisherige Beimischung von Nikotin auch eine Menge. Unter dem Strich, also mit dem bereits in der Basis enthaltenen Nicoever sind wir sogar erheblich billiger als die Chinesen.

Eins noch, ließ jetzt der Chef von AMTO wieder vernehmen. Wann können wir starten?

Bill ergriff wieder das Wort. Wie schon erwähnt, warten wir nur noch auf die Blutuntersuchungen unserer Versuchstiere. Dann steht einem Anlauf der Produktion nichts mehr im Wege.

Ich brauche aber mindestens vierzehn Tage Vorlauf. meldete sich der Chef von AREWANI.

Aber meine Herrschaften, das Projekt läuft jetzt seit zwei Jahren, da kommt es wohl auf die vierzehn Tage auch nicht mehr an, erwiderte Bill. Wir werden voraussichtlich am 15. Dezember mit der Produktion starten. Ich werde sie alle noch rechtzeitig informieren. Hat noch jemand eine Frage?

Frau Pawlik meldete sich zu Wort.
Sie sagen, sie haben die Testversuche mit Ziegen durchgeführt. Ist denn sichergestellt, das die Ergebnisse bei Menschen adäquat ausfallen?

Mit dieser Frage hatte offensichtlich niemand gerechnet. Trotzdem antwortete der Chef von AMTO Poland selbstbewusst:
Ja, wir haben versuchsweise ein paar Gratisproben an ein paar Dampfer aus der Ukraine verteilt. Bewusst haben wir hierzu bereits alkoholabhängige Menschen ausgewählt. Diese haben, nachdem ihre Proben verbraucht waren, ihren Alkoholkonsum verdoppelt und leiden nach wie vor unter Entzugserscheinungen, welche die Ärzte, wenn sie überhaupt welche aufsuchen, natürlich dem Alkohol zuschreiben. Da haben wir also nichts zu befürchten.

OK, weitere Fragen? fragte Bill erneut. Niemand meldete sich zu Wort.
Ich denke, dann können wir die Sitzung schließen. Wir bleiben in Kontakt, ich danke Ihnen.

Die Gesellschaft brach auf.

Ich muss noch eben ein Zimmer buchen, sagte Bill zu Cordula. Wollen wir dann zusammen essen?
Nichts was ich lieber täte, entgegnete Cordula. Hol mich doch von meinem Zimmer ab. 418, das letzte Zimmer auf dem Etagengang.

Ok, dann bis gleich.


Irgendwo

Weiss riss sein HTC One aus seinem Kittel und wählte eine Mobilfunknummer in Polen. "Ja bitte", tönte es in polnischer Sprache zurück.
"Gregor hier ist Adam" antwortete Weiss. Gregor hieß eigentlich Grzegoz Smolinski. Da Weiss aber kein polnisch sprach, nannte er ihn immer Gregor, dies war die deutsche Entsprechung. Gregor und Weiss kannten sich noch aus ihrer Studentenzeit. Sie hatten in Berlin zusammen studiert und zeitweise sogar zusammen in einer Studenten-WG in Charlottenburg gewohnt. Über die Jahre hatten sie losen Kontakt gepflegt und einmal hatte ihn Weiss sogar in seinem Dorf, nahe Warschau, besucht.
"Hallo Adam, wir haben ja schon länger nichts mehr voneinander gehört. Was machst du? Und wie geht es dir.?"
"Gregor, wir haben da ein Problem", begann Weiss und erzählte ihm anschließend die ganze Geschichte.
Weiss konnte natürlich nicht sehen, wie Gregor während ihres Gesprächs immer wieder mit dem Kopf schüttelte.
Als er geendet hatte sagte sein Gesprächspartner nur : "Das wäre ja eine Katastrophe. Was wollt ihr tun?"

"Das schlimmste ist, dass wir keine brauchbaren Beweise haben. Das was wir haben reicht für keinen Staatsanwalt. Außerdem hätten wir dann einiges zu erklären. Kidnapping, Einbruch und wer weiß, was sie uns noch alles an Paragraphen auftischen würden, gegen die wir verstoßen haben. Nee, auf legalem Wege können wir da im Moment nichts unternehmen." Weiss schnappte nach Luft, so aufgeregt war er.
"Gregor, du bist doch vor Ort, vielleicht kannst du etwas für uns tun. Wir wissen, dass die Chefin von PROFOG sich derzeit in Warschau aufhält. Allerdings kann ich dir nicht sagen, in welchem Hotel. Aber das billigste wird sie bestimmt nicht genommen haben."
"Du hast Glück, dass ich gerade eine Woche Urlaub habe. Meiner Frau wird es nur recht sein, wenn ich ihr während dieser Zeit nicht immer auf der Pelle hocke. Sonst teilt sie mich womöglich noch zur Hausarbeit ein. Und ich hasse Hausarbeit."
"Au ja, das weiß ich nur zu gut noch aus unserer Studentenbude", ließ sich nun Weiss wieder vernehmen.
"Ich schau mal, was ich für dich tun kann" , sagte Gregor. "Ich melde mich, sobald ich mehr in Erfahrung gebracht habe."
"Ich danke dir, wir hören einander, bis dann." Hoffentlich bekommt er bald etwas heraus, dachte Weiss und steckte das Handy wieder in den Kittel.

***

Warschau

Bill fuhr dem Fahrstuhl in die vierte Etage und ging dann zu 418. Als er an die Tür klopfte, zog ihn Cordula gleich herein. "Komm rein, ich habe Hunger," sagte sie stürmisch. "Essen können wir auch hinterher noch."
Wenn Bill mit allem gerechnet hatte, aber damit bestimmt nicht. "Na du gehst ja vielleicht ran!" Aber warum sollte nicht auch einmal eine Frau die Initiative ergreifen. Auch er wollte. "Das ist ja ein richtiger Überfall."
Cordula beichtete ihm, wie sehr sie schon bei seinem ersten Besuch auf ihn abgefahren sei. Und dann kam, was kommen musste. Ein wohliges Zittern lief durch ihren Körper, als er ihr vorsichtig den Pullover abstreifte. Sie zogen sich gegen


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