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Der Lagerleiter der Abteilung technische Chemikalien ist 55 und seit 30 Jahren in der Firma...ein streitbarer Geist, laut und sehr präsent im Auftreten, dabei auch jemand mit dem sich die sprichwörtlichen Pferde stehlen lassen.
Er verfügt über eine ausgeprägte Freund/Feind Sicht. Seinen Freunden gegenüber ist er hilfsbereit fast bis zur Selbstaufgabe, seine Feinde haben von ihm nichts gutes zu erwarten. Ein Bär in Menschengestalt...gelegentlich legt er sich mit Speditionsfahrern an, wenn sie seine Spielregeln nicht anerkennen.
Wenn es sein muss schmeisst er seine Abteilung im Alleingang, und er legt sich gerne mit der Geschäftsleitung an...ein Dickkopf halt, der sich nichts gefallenlässt und keine Neuerungen in seiner Abteilung duldet. Man lässt ihn dennoch widerwillig gewähren, weil er der beste Mann für seinen Bereich ist (nuja, vielleicht trägt die exorbitante Abfindung nach 30 Jahren auch ein wenig bei, die dem Lagermann zustünden).

In den letzten Jahren ist er ruhiger geworden, macht sogar ein wenig "auf Familie". Das Häuschen ist abbezahlt, die Tochter im Job, seine Frau - etwas älter als er - bereitet sich langsam auf ihre Rente vor. Zeit also, es langsam auslaufen zu lassen mit der Arbeiterei...Rente mit 60 ist geplant, und danach...mal schauen; es liegt zum bezahlten Haus schon etwas Geld auf der hohen Kante, und mit diesen Voraussetzungen lässt sich in Ruhe planen.

Es hätte so gut werden können für den Lagermann...wenn nicht das Schicksal einen anderen und sehr unschönen Fortgang genommen hätte...

Eines samstags lag er morgens ohne Bewusstsein neben dem Bett. Der von seiner Frau verständigte Notarzt stellte einen schweren Schlaganfall fest...weil niemand wusste, wie viele Stunden er schon dort gelegen hatte, waren die Heilungschancen von vornherein begrenzt.
Aber zunächst galt es, ihn am Leben zu halten. Die nächsten 3 Wochen auf der Intensivstation hielten das Krankenhauspersonal auf Trab. Nach Öffnen der Schädeldecke bekam man den Hirndruck halbwegs unter Kontrolle, und mit der Zeit stabilisierte sich sein Zustand... .

Während der Reha wurde alles versucht, seine Gesundheit wiederherzustellen. Geblieben ist eine halbseitige Lähmung inklusive Rollstuhl und Pflegestufe... .

Die dadurch in die Firma gerissene Lücke wächst langsam wieder zu. Sprüche wie "das hätte es bei Herrn X nicht gegeben" oder "bei Herrn X hätte das funktioniert, warum bei Ihnen nicht?" werden seltener. Stattdessen kommt den Bürohengsten langsam die Erkenntnis, dass der Lagermann tatsächlich zwei Stellen ausgefüllt hat sowie - trotz oder gerade wegen seiner für andere nervigen Art, sich überall einzumischen - einen massgeblichen Einfluss darauf gehabt hatte, dass Ein - und Verkauf sowie Logistik reibungslos miteinander funktionierten... .

Die Moral von der Geschichte? Nuja, das Leben ist nicht gerecht...und man sollte ab Mitte 50 vielleicht nicht mehr allzuviel planen und erwarten vom Rest seines Lebens... .p